03.04.2012
Keine Untersuchungspflicht des Importeurs auf fehlerfreie Beschaffenheit vertriebener Waren (hier: Lieferung von Kabinenrollern aus China): Den Importeur treffen keine Produkthaftungs-, sondern nur händlerspezifische Gefahrabwendungspflichten!
Mit Beschluss vom 15.11.2011 Az. 28 W 36/11 hat das OLG Hamm – veröffentlicht in NJW-RR 2012, 355 ff. – klar die Grenzen von Produkthaftung und Gewährleistung konturiert. In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Importeur einen Kabinenroller von einem chinesischen Lieferanten bezogen. Diesen verkaufte er an einen weiteren Händler. Dieser verkaufte den Roller wiederum an einen Verbraucher, der aufgrund eines Konstruktionsfehlers mit dem Roller verunglückte und deswegen von dem Kaufvertrag zurücktrat. Der Händler verlangte von dem Importeur Regress nach § 478 Abs. 2 BGB.
Dem hielt das OLG Hamm zutreffend entgegen, dass auch der Importeur nur Vertriebshändler ist, sodass ihm grundsätzlich nur händlerspezifische Gefahrabwendungspflichten obliegen. Welche Prüfungen der Importeur anstellen müsse sei eine Frage des Einzelfalls. Bei Importen aus dem außereuropäischen Bereich – wie hier aus China – könne eine besondere Verantwortung zu bejahen sein, wenn aus besonderen Gründen Anlass dazu bestünde, weil bereits Schadensfälle bei der Produktverwendung bekannt geworden seien oder wenn die Umstände des Falls eine Überprüfung nahelegten. Ein solcher Anlass bestand im konkreten Fall nicht. Bei einer reinen Sichtprüfung wäre der konkrete Mangel (ein Konstruktionsfehler) ohne hin nicht erkennbar gewesen. Damit hat der Importeur eine Mangel „nicht zu vertreten“ und schuldet deswegen keinen Schadensersatz.
Den Importeur trifft auch nicht als Quasi – Hersteller der Vorwurf der Verletzung einer vertraglichen Pflicht. Quasi-Hersteller ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG wer sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder anderer unterscheidungskräftiger Kennzeichen als Hersteller ausgibt. Im Übrigen haftet der Importeur gem. § 4 Abs. 2 ProdHaftG ohnehin wie ein Hersteller – allerdings nur gegenüber Verbrauchern und nicht gegenüber Unternehmern. In dem vorliegenden Verhältnis von Importeur zu Händler besteht daher ohnehin keine uneingeschränkte Quasi-Herstellerhaftung. Für den Quasi-Hersteller gibt es neben den im konkreten Fall zu eruierenden Gefahrabwendungspflichten aus Gründen des Vertrauensschutzes, wegen Einschaltung in den Konstruktions-oder Herstellungsvorgang oder wegen erforderlicher Verbraucherinformationen eine Verschärfung eigener Pflichten nur noch im Bereich der Produktbeobachtung. Dabei ist der Quasi-Hersteller zur Prüfung von Beanstandungen und der Beratung mit dem Hersteller bzw. mit dessen Konstrukteuren verpflichtet, wenn ihm Schadensfälle bekannt werden.
Sachsenhauser Rechtsanwälte