17.04.2012
Eine Lösung für die seit den 1970er Jahren anhaltende und mehrmals unterbrochene Debatte über die Schaffung eines einheitlichen EU-Patentes ist in Sichtweite. Eine wichtige Frage bleibt zu klären: In welchem Land soll das zukünftige Europäische Patentgericht seinen Sitz haben?
Bereits 1975 wurde ein Übereinkommen über das europäische Patent unterzeichnet, es trat aber ebenso wenig in Kraft wie ein ähnliches Übereinkommen aus dem Jahr 1989. Im Jahr 2000 wurde schließlich einer neuer Versuch initiiert, der trotz zahlreicher Streitereien erfolgsversprechender zu sein scheint.
Im Dezember 2011 haben sich 25 der 27 Mitgliedsstaaten für die Einführung eines europaweiten Patentes (offiziell: Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung) ausgesprochen, das dank bürokratischer Vereinfachung und sinkender Kosten die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der europäischen Industrie stärken soll. Lediglich Spanien und Italien verweigerten ihre Zustimmung, da sie sich sprachlich benachteiligt sahen: Analog zu den Arbeitssprachen der EU sollen auch die offiziellen Patentsprachen Deutsch, Englisch und Französisch sein.
Gerade darin, dass künftig Patente nicht mehr in die jeweilige Landessprache übersetzt werden müssen, erkennen Befürworter deutliche Kosteneinsparungschancen. Von einer Ersparnis von bis zu 80 % spricht die Europäische Kommission.
Der Kostenvorteil wird sich vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen bemerkbar machen, wenn teure Übersetzungen für kleinere Sprachräume wegfallen, auf deren Märkten man jedoch wirtschaftlich aktiv sein möchte, so z.B. Litauen, Estland oder Slowenien.
Neben den hohen Übersetzungskosten fielen dann auch die nationalen Anmelde- und Erhaltungsgebühren weg, wenngleich abzuwarten bleibt, wie hoch diese Posten bei dem EU-Patent ausfallen werden.
Ein weiterer erhoffter Vorteil ist in der Schaffung eines Europäischen Patentgerichtes zu sehen. In Planung ist ein Gericht, welches für zukünftige EU-Patente und für bestehende Patente im Rahmen des Europäische Patentübereinkommens (EPÜ) zuständig ist.
Nachdem der damalige ungarische EU-Ratsvorsitzende im Sommer 2011 stolz verkündete, dass es gelungen sei, auf der Zielgerade eines langen, holprigen Weges zu sein und im Dezember 2011 der Rechtsausschuss des EU-Parlamentes das Gesetzespaket ohne Spanien und Italien billigte, scheinen die Fronten im Frühjahr 2012 bereits wieder verhärtet zu sein. Deutschland und England legten ein Veto gegen den Vorschlag ein, der Sitz des geplanten Europäischen Patentgerichtes solle in Frankreich liegen. Deutschland würde das neue Gericht gerne in München installieren, wo bereits das Deutsche und Europäische Patentamt ihren Sitz haben. Auch die Briten äußerten, dass das Gericht seinen Sitz in der Finanzmetropole London haben solle.
EU-Kommissionspräsident Barroso nannte diesen Streit eine „triviale Meinungsverschiedenheit“; ganz so trivial ist es aber nicht, denn die Vergabe eines so wichtigen Gerichtssitzes bedeutet nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern auch eine nicht zu unterschätzende Einflussmöglichkeit auf die Gerichtsbarkeit. Ein strategischer Vorteil, den sich das Entwickler- und Patentland Deutschland sichern sollte.
Abseits dieser sehr schwierigen politisch-formalen Regelungen ist man sich jedoch europaweit einig, dass das Schlüsselwort der neuen EU-Patente die Einheitlichkeit sein soll. So heißt es im Gesetzesänderungsantrag des Europäischen Parlamentes vom 11. Januar 2012: „Das wichtigste Merkmal der Europäischen Patente mit einheitlicher Wirkung sollte ihr einheitlicher Charakter sein, das heißt sie bieten einheitlichen Schutz und haben in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten gleiche Wirkung.“
Selbstverständlich werden wir Sie über die weitere Entwicklung auf unserer Homepage informieren.
Sachsenhauser Rechtsanwälte