12.06.2012
Im Rahmen der energetischen Modernisierung von Wohneigentum soll laut Bundesregierung das umstrittene „Contracting“ eine Schlüsselposition einnehmen. Diese Form der Wärmelieferung soll kapitalschwachen Vermietern eine gute Gelegenheit bieten, ihre Immobilien energieeffizient zu renovieren. Sind die Mieter tatsächlich nicht die „Leittragenden“? Die Bundesregierung hat einen neuen Gesetzesentwurf (Bundesrat Drucksache 313/12 vom 25.05.2012) über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum vorgelegt. Kernpunkt dieses Vorschlages ist die Regelung der rechtlichen Aspekte von „Contracting“ (engl. für Geschäft und Vertrag) in bestehenden Mietverträgen. Zudem wird vorgeschlagen, dass Mieter bei einer energetischen Modernisierung für drei Monate nicht mehr die Miete mindern können.
Zu der energetischen Modernisierung gehört auch das Wärme-Contracting, das bereits in den 1990er Jahren in Deutschland eingeführt wurde, wenngleich sein Bekanntheitsgrad erst mit der Energiewende steigt. Es handelt sich dabei um eine von Heizungsbauern und Energielieferanten – d.h. von „Dritten“ – angebotene Installation von modernen Heizungsanlagen in Wohn- und Mietimmobilien.
Der Immobilieneigentümer muss dabei die Investition in eine moderne Heizungsanlage nicht mehr selbst tätigen, sondern dies macht für ihn der Contractor. Dieser bekommt im Gegenzug von dem Hauseigentümer das Recht zugesprochen, die im Haus wohnenden Mieter über einen längeren Vertragszeitraum (10-15 Jahre) ausschließlich mit Heizwärme aus der neu installierten Zentralheizung zu beliefern, so dass die getätigten Investitionen durch langfristige Lieferverträge wieder erwirtschaftet werden können. Das Grundprinzip des Geschäftes bietet somit prinzipiell allen Beteiligten Vorteile: Der Vermieter steigert den Wert der Immobilie und damit auch die Chance der Vermietbarkeit, ohne dabei teure Investitionen tätigen zu müssen und die Mieter dürfen zukünftig mit geringeren bzw. zumindest nicht höheren Heizkosten rechnen, der Contractor schließlich profitiert durch langjährige Lieferverträge. Ein weiterer Vorteil darf abseits des finanziellen Aspekts auch in der Modernisierung selbst gesehen werden, welche einen wichtigen Beitrag für das Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesregierung liefern kann.
Mietschutzverbände kritisieren jedoch die lange Laufzeit der Energielieferverträge. Unbegründet scheint aber ihre Befürchtung zu sein, wonach die Gesamtkosten für die Mieter nach der Modernisierung durch den Contractor höher wären als zuvor: Denn Vermieter müssen ihren Mietern eine Umstellungsankündigung einschließlich eines Kostenvergleichs vorlegen, aus welchem deutlich hervorgeht, welche Kosten durch die herkömmliche Wärmelieferung verursacht wurden und auf welche Summe sich diese zukünftig durch das Contracting belaufen.
Etwas von diesem speziellen Modernisierungsfall des Contracting – bei dem ja ein Dritter die eigentliche Modernisierung übernimmt, deren Kosten trägt und auch für die Amortisierung zu sorgen hat – zu lösen, ist die bereits übliche und auch weiterhin gültige Möglichkeit für Vermieter, die Kosten für notwendige Modernisierungsmaßnahmen (z.B. neue Fenster oder eine neue Dachisolierung) gemäß § 559 BGB mit jährlich 11% auf die Mieter umzulegen. Dies benachteiligt die Mieter insofern nicht, als dass durch derartige Modernisierungen die Wohnqualität der Mieter angehoben, die Energieeffizienz des Objektes erhöht und somit die Energierechnung jedes einzelnen Mieters gesenkt wird. Lediglich die Möglichkeit der Mietminderung im Sanierungsfall für einen Zeitraum von maximal drei Monaten entfällt.
Der Entwurf der Bundesregierung ist prinzipiell zu begrüßen, da für alle Beteiligten eine Gewinnsituation entsteht und überdies noch die Umwelt entlastet wird. Vor allem kapitalschwache Vermieter erhalten so die Möglichkeit, ihr Wohneigentum zukunfts- und umweltgerecht zu modernisieren. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwiefern die langfristigen Energielieferverträge sich nicht doch nachteilhaft für die Mieter auswirken werden. Über die weitere Entwicklung werden Sie auf unserer Homepage informiert.
Sachsenhauser Rechtsanwälte
Tags: Contracting Energiewende Heizkosten Klimaschutz Mietrecht Modernisierung